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Ayurveda – Spezifisches

Agni und Verdauung

„Lebensspanne, Ausstrahlung, Stärke, Gesundheit, Enthusiasmus, Korpulenz, Immunität, Energie, prana (Lebensatem) etc. – all dies hängt von agni (Verdauungsfeuer) ab. Man stirbt, wenn dieses Feuer gelöscht ist. Man lebt lang und frei von Störungen, wenn es richtig funktioniert und wird krank, wenn es gestört ist. Deshalb ist agni die Ursache all dessen.

Die Ernährung der dhātus (7 Körpergewebearten) und ojas (Lebenskraft), Stärke, Ausstrahlung etc. hängen von agni ab, denn rasa (Nahrungssaft) kann nicht erzeugt werden von unverdauter Nahrung.

Prana vāyu mit empfangender Funktion befördert die Nahrung zum Magen, wo sie – durch Säfte aufgelöst und durch fettige Substanzen erweicht – von agni, angefacht durch samana vāyu, verdaut wird. Das Verdauungsfeuer "kocht" die zur rechten Zeit im rechten Maß und der rechten Zusammensetzung genommene Nahrung richtig und fördert so Gesundheit und Lebensspanne. Agni kocht die Nahrung im Bauch von unten, sodass rasa und mala (Abfallprodukte) entstehen, wie Feuer Reis mit Wasser in einem Topf kocht.

Die Nahrung bestehend aus sechs rasas durchläuft sofort nach Einnahme die Stadien von prapaka (Vorverdauung). Zuerst erscheint kapha aufgrund der Dominanz von madhura (süß), dann während des Vorgangs der Verdauung pitta aufgrund der Dominanz von amla (sauer) und schließlich wird vata manifestiert aufgrund der Dominanz von katu (scharf), nachdem die umgewandelte Nahrung den pakvashaya erreicht hat, von agni absorbiert und in eine solide Masse umgewandelt worden ist.

Die mit verschiedenen Geschmäckern und Gerüchen etc. ausgestattene Nahrung ernährt die Faktoren von Geruch, den Geruchssinn etc. im Körper.

Fünf Arten von agni, die zu prthivi, ap, tejas, vāyu und ākāśa (Element Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther/Raum) resp. gehören, verdauen die entsprechenden Fraktionen der Nahrung.

Substanzen und ihre Eigenschaften ernähren ihre entsprechenden Gegenstücke im Körper; die Anteile von prthivi in der Nahrung ernähren prthivi, die Anteile von ap ernähren ap etc.

Während des Metabolismus unterlaufen die sieben dhātus, die den Körper versorgen, eine zweifache Umwandlung in Exkretion (kitta) und Essenz (prasada), nachdem einer der sieben agnis auf seinen entsprechenden dhātu eingewirkt hat.

Die Bildung der dhātus vollzieht sich in folgender Reihenfolge: rasa, rakta, mamsa, medas, asthi, majja, shukra (Nahrungssaft, Blut, Fleisch, Fett, Knochen, Knochenmark, Samen). Aus der Essenz von shukra-dhātu wird der Fötus erzeugt.

Nahrung ernährt auch die upadhātus (Sehnen, Haut, Knorpel etc.) in folgender Weise: Rasa ernährt Brustmilch und Menstrualblut, rakta ernährt die Sehnen und Blutgefäße, mamsa ernährt vasa (Muskelfett) und die sechs Hautschichten und medas ernährt Gelenke und Ligamente.

Die Exkretion der Nahrung ist Kot und Urin, die von rasa ist kapha (Phlegma), die von rakta ist pitta (Galle), die von maṃsa ist Schmutz in den äußeren Körperöffnungen, die von medas ist Schweiß, die von asthi ist Haare auf Kopf und Körper, die von majja besteht in Exkreten in den Augen, im Gesicht und auf der Haut. So unterstützt eine Fraktion von Essenz und Exkretion, die während des Metabolismus gebildet werden, die andere und sie erhalten den Körper durch gegenseitige Koordination.

Die spezifische Potenz der Einnahme von Aphrodisiaka etc. zeigt rasch Effekt. Dieser Vorgang der Umwandlung ist in sechs Tagen vollzogen. Die allmähliche Umwandlung der dhātus vollzieht sich ununterbrochen in einem Zyklus.

Nach diesen Ausführungen Atreyas, stellt Agnivesha seinem Lehrer folgende Fragen: „Wie entsteht rakta, das rot ist in der Farbe, aus rasa, das nicht rot ist? Wie entsteht festes Fleisch aus dem flüssigen Blut und wie entsteht Fett aus flüssigem Blut und festem Fleisch? Wie entsteht die Härte in den Knochen aus dem weichen Fleisch und Fett und wie entsteht das weiche Knochenmark aus den harten Knochen? Śukra ist das Produkt von majja, aber wie entsteht der den ganzen Körper durchdringende Samen aus dem in den Knochen lokalisiertem Knochenmark?“

Punarvasus Antwort lautet: Rasa erlangt Röte von der Farbe des feuergleichen pitta. Nachdem es von vāyu, ap und tejas bearbeitet und weiter „gekocht“ worden ist, erlangt es Festigkeit und wird so in Fleisch umgewandelt. Durch weiteres Kochen in seiner eigenen Hitze werden ap und ölige Eigenschaften in medas umgewandelt. Durch Verbindung der inneren Hitze mit prthivi, tejas, vāyu, etc. entsteht Härte und so wird asthi gebildet. In den Knochen erzeugt vāyu Hohlheit, die mit majja, der Essenz von medas gefüllt wird. Aus der Essenz des majja-dhātu wird shukra erzeugt. Vāyu und ākāśa erzeugen Porösität in den Knochen, durch die shukra wie Wasser aus einem gerade geformten Tongefäß austritt. Shukra bewegt sich durch seine Kanäle im ganzen Körper und wird mit Macht aufgrund sexueller Erregung und Leidenschaft gelöst und verflüssigt wie ghrtam (Butterfett) und durch sexuelle Betätigung aus der Harnpassage ausgestoßen wie Wasser, das nach unten fließt.

Rasa (einschließlich rakta) zirkuliert ständig überall und gleichzeitig im Körper durch die antreibende und in Bewegung haltende Funktion vyana vāyus. Wenn die Zirkulation rasas aufgrund von Morbidität in den srotas irgendwo behindert wird, entstehen dort Krankheiten wie Wolken am Himmel, die Regen erzeugen. Doshas werden an den gleichen Stellen ebenfalls behindert, d.h. ihr Gleichgewicht wird gestört; sie sammeln sich an.

Damit sind die Funktionen agnis in bezug auf bhutas (Elemente), dhātus und Nahrung erklärt worden. Agni, der die Nahrung verdaut, ist der Meister aller agnis, denn Zu- und Abnahme anderer agnis hängt vom Verdauungsfeuer ab. Deshalb sollte man es sorgsam erhalten, indem man in der rechten Weise das heilsame Brennholz von Nahrung und Getränken nimmt, denn von seiner Erhaltung hängen Lebensspanne und Stärke ab. Wer alle Regeln der Ernährung mißachtend gierig ißt, wird schnell von Störungen aufgrund der Morbidität in grahani (Zwölffingerdarm) heimgesucht, die nun beschrieben werden sollen.“

(Textauszug aus dem Werk Ayurveda-Lehrbuch – Caraka-Samhita-Kompendium, Cikitsasthanam, Grahanidosa cikitsitam)