Bild Header

Wissen über Heilmittel

Arzneimittel – Zubereitung

Es gibt im Ayurveda diverse Methoden der Heilmittelzubereitung zur Erzielung verschiedener therapeutischer Effekte und zur Erhaltung der Wirksamkeit der Heilpflanzen:

Svarasa: traditionell werden zur Herstellung von svarasa frische Heilpflanzen zerstampft und der Saft durch ein Tuch gepreßt. Zu den Heilpflanzen, die häufig in Form von svarasa genutzt werden, gehören z.B. Brahmi (Bacopa monnieri) und Shankhapushpi (Convolvulus pluricaulis). Wenn keine frischen Pflanzen verfügbar sind, werden svarasas auch hergestellt, indem getrocknete Pflanzen mit der gleichen oder doppelten Menge Wasser übergossen werden. Das Ganze wird ein paar Stunden stehengelassen und dann ausgepresst.


Kalka: Eine Heilpflanzenpaste erhält man, indem man frisch gepflückte Heilpflanzen zu einer Paste zerstampft. Kalka wird oft äußerlich als Pflaster oder Umschlag zur Heilung von Wunden angewandt. Es wird auch für Aufgüsse, Dekokte, tailas und ghritas verwendet.


Kaśaya: Die allgemeine Regel für Abkochungen ist, daß 1 Teil getrockneter Kräuter mit 8 – 16 Teilen Wasser auf kleiner Flamme gekocht werden, bis ¾ des Wassers verkocht sind, wobei die Menge des Wassers von der Härte der Pflanzenteile abhängt – harte Pflanzenteile wie Wurzeln und Rinde benötigen längere Kochzeit und daher mehr Wasser. Die Kräuter werden dann abgeseiht und das Dekokt wird mit Zucker, Honig etc. in angemessener Dosis eingenommen.


Phant: Für Aufgüsse nimmt man 1 Teil Heilpflanzen, übergießt sie mit 8 Teilen siedendem Wasser und läßt die Kräuter einige Stunden darin ziehen. Aufgüsse sind für die Zubereitung von empfindlicheren Pflanzenteilen wie Blätter und Blüten besser geeignet als Abkochungen. Wenn ein Rezept mehrere Kräuter mit unterschiedlicher Härte (z.B. Wurzeln einer Pflanze und Blätter einer anderen Pflanze) vorschreibt, können die Zubereitungen separat hergestellt und am Ende, nach dem Abseihen, vermischt werden oder harte Pflanzenteile werden zuerst gekocht und weichere Pflanzenteile später hinzugefügt.


Hima: Für kalte Auszüge läßt man die Heilpflanzen am besten über Nacht in kaltem Wasser ziehen. In Frage kommen für diese Zubereitungsart hauptsächlich Pflanzen mit kühlender Energie (z.B. Sandelholz), um pitta zu vermindern. Um pitta-Zustände zu vermindern, werden aber auch Abkochungen kalt verabreicht.


Milchabkochung: Abkochungen können sowohl mit Milch als auch mit Wasser zubereitet werden. Für Milchabkochung werden in der Regel 1 Teil Heilpflanzen mit 8 Teilen Milch und der vierfachen Menge Wasser gekocht bis alles Wasser verkocht ist. Bei churnas, die mit Milch gekocht werden, können auch geringere Mengen Wasser genommen werden. Milch verstärkt die tonisierenden und nährenden Eigenschaften der Heilmittel wie z.B. Shatavaryadi churnam und Ashvagandha. Milch wirkt kühlend, vermindert pitta, besänftigt Entzündungen etc. Sie gleicht auch die Wirkung von heißen, scharfen Heilmitteln (z.B. Zimt, Kardamom, Pippali) aus. Milch wirkt schlaffördernd, besonders zusammen mit Brahmi (Bacopa monnieri; Hydrocotyle asiatica), Ashvagandha (Withania somnifera), Madhuka (Süßholzwurzel).1


Cūrṇas: Pulver verschiedener Pflanzen, Salze, etc. werden im Ayurveda häufig genutzt. Traditionell werden sie mit verschiedenen Mörsern hergestellt und durch ein Leinentuch gefiltert – je feiner das Gewebe des Leinentuchs, desto feiner wird das Pulver. Jede Pflanze/Substanz eines Rezepts wird einzeln pulverisiert und dann mit den anderen Pulvern vermischt. Churnas werden mit einer Trägersubstanz wie Honig, Rohrzucker, Wasser, Milch, Öl oder Ghrita (Butterfett) angewendet.


Vatis, Vatikas: Es gibt im Ayurveda eine Vielzahl von Heilmitteln in Form von Pillen/Dragees und Tabletten. Pillen/Dragees werden traditionell hergestellt, indem ein Teig aus diversen churnas, Rohrzucker, Honig, eventuell Öl und Dekokten zubereitet wird. Aus diesem Teig werden gutikas (Pillen/Dragees) in verschiedener Größe (je nach Rezept) geformt. Für vatis (Tabletten) werden die churnas gepresst (eventuell vermischt mit Pflanzenstärke). Vatis und gutikas werden heutzutage maschinell hergestellt und nur vaidyas (traditionelle Ayurveda-Ärzte) stellen ihre vatis und gutikas auf traditionelle Weise her.


Guggulus: Guggulus werden hergestellt, indem pulverisiertes Pflanzenmaterial und andere Substanzen wie Salze etc. (je nach Rezept) mit guggulu, dem gereinigten Harz von Commiphora mukul, vermischt und zu Pillen gedreht wird. Guggulu dient dabei (aufgrund seiner harzigen Konsistenz) als natürliches Bindemittel. Ein weiterer Vorteil von guggulus ist der med. Effekt von Commiphora mukul in Kombination mit verschiedenen anderen heilenden Substanzen. Mit guggulu hergestellt werden z.B. Yogaraja guggulu, ein hervorragendes Panacea und Rasayana, Triphala guggulu und Gokṣuradi guggulu.

Vorgang der Reinigung von Guggulu: das Harz wird zuerst zerkleinert und dann in einem Stoffsäckchen in einem Dolayantra genannten Behälter in Triphala-Dekokt oder Milch, oder Nirgundi-Dekokt, oder Vasa-Dekokt gekocht. Wenn das Guggulu flüssig geworden und durch das Stoffsäckchen in die Flüssigkeit gesickert ist, wird der Kochvorgang beendet. Das Stoffsäckchen mit den Guggulu-Resten wird herausgenommen und die Flüssigkeit gefiltert und erneut gekocht bis sich eine feste Masse bildet. Diese wird in der Sonne getrocknet und kann dann mit verschiedenen Substanzen zu Pillen weiterverarbeitet werden.


Asavas, Arishtas: Ayurveda nutzt eine Vielzahl von arzneilichen Weinen. Frischem Heilpflanzensaft oder Heilpflanzendekokt und Gewürzen etc. wird Rohrzucker und/oder Honig hinzugefügt. Dann läßt man die Flüssigkeit mehrere Tage oder Monate fermentieren. Wenn frischer Heilpflanzensaft als Basis dient, nennt man das fermentierte Endprodukt asava und wenn ein Dekokt als Basis benutzt wird, nennt man das Endprodukt arishta. Asavas und arishtas werden vom Körper leichter aufgenommen und umgesetzt als z.B. Pillen und Pulver. Ihre heilenden Eigenschaften verstärken sich im Laufe der Zeit. Beispiele für arishtas und asavas sind Abhayarishta und Pippalyasava.


Avalehas: Für avalehas werden z.B. Amalaki-Früchte, Haritaki-Früchte u.a. mit Pflanzendekokten, Gewürzen etc. gekocht und am Ende mit Rohrzucker, Jaggery, Honig, Ghrita (Butterfett) und eventuell churnas vermischt. Beispiele für solche Art von Kräuter-Fruchtmus-Zubereitungen und Gelees sind Vidangavaleha, Chyavanprash, Chitrak Haritaki etc. Diese Präparationen sind Rasayanas, Mittel zur Förderung von Vitalität, Aufbau, Immunität und sind außerdem bei vielen Störungen heilsam.


Tailas: Ayurvedische Öle fördern die Regeneration der dhatus (Körpergewebearten wie Blut, Muskeln, Knochen etc.) und des Immunsystems. Durch Massage mit den Ölen wird der Stoffwechsel der dhātus angeregt und doṣas werden normalisiert, indem die im Öl aufgelösten Drogen über die Haut ins Blut und andere tiefere dhātus gelangen.

Wesentlich bei vielen Erkrankungen ist, daß āma (im Körper angesammelte und lokal abgelagerte toxische Substanzen und Schlacken) „verdaut“, d.h. abgebaut und ausgeschieden, wird. Ölmassage mit bestimmten Kräuterölen eignet sich hervorragend, um Toxine herauszulösen – besonders in Verbindung mit svedana (Dampfbäder, Schwitzkur) – und über Haut und Ausscheidungsorgane abzuführen und dadurch die Reinigung des Körpers zu fördern und das Immunsystem zu schützen und zu stärken.

Massage mit bestimmten med. Ölen kann die Behandlung durch orale Einnahme von ayurvedischen Medikamenten unterstützen und in vielen Fällen sogar überflüssig machen.

Zubereitung von tailas: Aus Wurzeln, Rinde, Blüten etc. von Pflanzen wird mit der vierfachen, achtfachen oder sechzehnfachen Menge Wasser (abhängig vom Härtegrad der Pflanzenteile – harte Pflanzenteile wie Wurzeln müssen länger gekocht werden und benötigen daher mehr Wasser) ein Dekokt hergestellt, indem man das Wasser solange kochen läßt, bis drei Viertel davon verkocht sind. Das Dekokt wird gefiltert und anschließend im Verhältnis 4:1 mit Öl gekocht. Wenn alles Wasser verdampft ist, ist die arzneiliche Wirkung der Drogen vollständig in das Öl übergegangen.

Bei manchen Ölen (z.B. Mahabala taila) wird das Dekokt mit Öl und anderen Flüssigkeiten wie z.B. Milch und Zuckerrohrsaft und mit Pasten von verschiedenen Drogen gekocht.

Manche tailas werden hergestellt, indem Öl mit feinen churnas vermischt wird. Dann läßt man das Pulver im erhitzten Öl mehrere Stunden bis Tage ziehen. Diese Art der Zubereitung von medizinischen Ölen wird angewandt, wenn das churna aromatische Heilpflanzenbestandteile enthält, die durch Kochen zerstört werden bzw. ihre Wirkung verlieren.

Verschiedene Gewürze können direkt in das Öl gegeben werden und sollten dann einige Stunden darin leicht köcheln.

Für manche tailas ist eine Kombination der verschiedenen Zubereitungsarten erforderlich. Wenn churnas dem Öl zugegeben wurden, ist ein Bodensatz im Ölfläschchen manchmal unvermeidlich oder Teile der feinen Heilpflanzenpulver-Bestandteile schwimmen im Öl. Dies ist aber weder für Haltbarkeit noch für den Effekt des Öls von Bedeutung.

Tila (Sesamöl) gilt als das beste aller Öle – besonders für äußere Anwendung – und wird für die meisten tailas als Basisöl verwendet. In Caraka-Saṃhitā heißt es im Kapitel über die tägliche Routine zur Erhaltung der Gesundheit:

»Man sollte täglich ca. eine Stunde vor dem morgendlichen Bad bzw. Dusche den ganzen Körper einölen. Regelmäßiges Einölen des Kopfes verhindert Haarausfall, Kopfschmerzen, Alopezie und Haarergrauen, stärkt Schädelknochen und Sinnesorgane, fördert Glanz und Ausstrahlung des Gesichts und gesunden Schlaf.

Tägliches Einführen einiger Tropfen warmen Öls in die Ohren verhindert Ohrenkrankheiten, die durch vāta verursacht werden, Steifheit des Halses und der Kiefer, Schwerhörigkeit und Taubheit.

Tägliches abhyanga macht die Haut sanft und glatt, fördert Stärke und Festigkeit des Körpers und befreit von oder verhindert vāta- Störungen. Vāyu ist vorherrschend im Tastsinn, der in der Haut lokalisiert ist, deshalb ist abhyanga sehr wohltuend für die Haut und sollte täglich angewendet werden. Von allen Ölen wird tila besonders gepriesen. Aber auch andere reine oder mit bestimmten Drogen verarbeitete Öle eignen sich für Ölmassage.

Ölmassage der Füße beseitigt Rauheit, Steifheit, Müdigkeit und Taubheit (der Füße), verhindert Sciatica, Risse in den Sohlen und Krampfadern, besänftigt vāta und stärkt und festigt die Füße.

Ein hervorragendes Mittel, um Kiefer und Gebiß zu kräftigen, ist regelmäßiges Ölgurgeln. Dafür wird ein Speiseöl (Sesam-, Sonnenblumenöl etc.) einige Minuten mit der Zunge im Mund hin- und herbewegt oder gegurgelt und anschließend ausgespuckt. Es fördert außerdem Geschmack, Appetit und Stimme und verhindert Karies, Zahnschmerzen, Zahnausfall, Hypersensitivität der Zähne, Trockenheit der Kehle und Sprödigkeit der Lippen.«


Ghritas: Ghritas werden in ähnlicher Weise wie tailas hergestellt. Die Grundsubstanz, die mit Heildrogen verarbeitet wird, ist Butterfett.2 Ghrita befördert die in ihm aufgelösten Drogen durch orale Einnahme, äußere Anwendung und nasya (nasale Anwendung) zu den feinen Körpergeweben und ist hervorragend geeignet, um pitta- und vāta-Störungen zu beseitigen. Beispiele für ghritas sind Brahmi ghrita, Mahatiktaka-ghrita (mit bitteren Drogen verarbeitetes Butterfett), Triphala-ghrita, Pañcagavya-ghrita.


Bhasma: Minerale, Korallen, Muschelhörner u.a. Dinge werden auf spezielle Weise verascht. Dies nennt man bhasma. Lauha bhasma z.B. wird aus feinen Eisenplättchen hergestellt, die durch Glühen zu feinem Pulver verarbeitet werden, das danach mit verschiedenen Drogen imprägniert werden kann. Shankha bhasma wird in ähnlicher Weise aus Muschelhörnern hergestellt, wobei das gewonnene Pulver noch mehrmals mit Zitronensaft imprägniert wird. Shankha bhasma beseitigt Kolik und Übersäuerung des Magens. Andere bhasmas werden Rasayanas u.a. Heilmitteln hinzugefügt.

Anmerkungen

1 siehe 1 Kuh = 1 Apotheke, wenn Sie etwas über die Eigenschaften von reiner Milch erfahren möchten.

2 Zur Herstellung von Butterfett siehe unter ayurvedisch Kochen.