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Wissen über Heilmittel

Arzneimittel, Lebensmittel, ayurved. Produkte

„Eure Nahrung sei Arznei und eure Arznei sei Nahrung“ sagte einst der berühmte Arzt Paracelsus. Die meisten Krankheiten werden durch falschen Gebrauch von Nahrungsmitteln hervorgerufen und können deshalb durch rechten Gebrauch von Nahrung – sprich Diät – geheilt werden, wenn sie nicht schon zu weit fortgeschritten sind. Z.B. wird in der Caraka-Saṃhitā Buttermilch als hervorragendes Mittel zur Beseitigung von Hämorrhoiden gepriesen, Butterfett als geeignetes Heilmittel bei vāta, pitta, Gift, Fieber etc., und Milch beseitigt Schwäche, Schwindsucht, Schlaflosigkeit und andere vāta-Störungen. Genauso können Gewürze oder einfach peya oder yavagu (dick- oder dünn-)flüssiger Brei aus gemahlenem Getreide (meistens Gerste oder Reis), eventuell zubereitet mit diversen Dekokten oder vermischt mit bestimmten verdauungsfördernden Gewürzen, zur Beseitigung vieler Störungen im Körper herangezogen werden.

Es heißt, daß (heilbare) Krankheiten allein durch angemessene Diät geheilt werden können und daß Krankheiten selbst durch angemessene Heilmittel nicht geheilt werden, wenn die Diät nicht stimmt. Oder anders ausgedrückt: man braucht keine Heilmittel, wenn die Diät stimmt und wenn die Diät nicht stimmt, nutzen Heilmittel wenig. Man sollte also die richtige Diät für bestimmte Störungen und für die Erhaltung der Gesundheit nicht unterschätzen.

Jede Substanz (dravya) besitzt bestimmte Eigenschaften und Effekte – rasa (Geschmack – süß, sauer, salzig, scharf, herb, bitter), vipaka (Produkt der Substanz nach der Verdauung im Körper – madhura-, amla- und katu-vipaka), vīrya (Energie – śīta [kühlend] und uṣna [erhitzend]), prabhava (besondere Kraft). Wenn man die spezifischen Eigenschaften und Effekte von dravyas kennt, kann man theoretisch alle möglichen Nahrungsmittel als Heilmittel verwenden.1 Die Kenntnis der Eigenschaften und Effekte allein genügt natürlich nicht dafür. In der Caraka-Saṃhitā werden 10 Faktoren beschrieben, deren Examination für die Bestimmung einer Therapie erforderlich ist.2

Aus ayurvedischer Sicht sind Lebensmittel auch Heilmittel, da sie allein oder in bestimmten Kombinationen bewußt als Heilmittel zur Beseitigung von Störungen des Körpers oder des Geistes benutzt werden können. Umgekehrt sind nach ayurvedischen Prinzipien verwendete Heilmittel auch Lebensmittel, da sie den Körper, das Leben erhalten, indem sie die dhatus ernähren oder helfen, das Gleichgewicht der doṣas und dhatus zu erhalten. Ashvagandha und Amalaki sind gute Beispiele für Pflanzenprodukte, die sowohl Lebensmittel als auch Heilmittel sein können. Nahrungsmittel können die Gesundheit genauso schädigen wie alle anderen Substanzen auch, wenn sie nicht richtig gebraucht werden.

Viele Gewürze z.B. werden verwendet, um Speisen schmackhafter zu machen, aber auch um den Appetit anzuregen, das Verdauungsfeuer zu stimulieren, die Verdauung zu fördern oder um Krankheiten zu heilen. Sie sind auch Bestandteil vieler ayurvedischer Präparate. Ein Beispiel dafür ist Triphala Guggulu, das aus Triphala, Guggulu und Pippali (langer Pfeffer – Piper longum) besteht. Ein Beispiel für ein Gewürz, das häufig in der asiatischen Küche verwendet wird und das auch als Heilmittel verwendet wird, ist Kurkuma (Gelbwurz – Curcuma longa). Es beseitigt Parasiten im Darm. Kurkuma ist ein Hauptbestandteil von Haridra Khanda, einem Präparat aus verschiedenen Gewürzen, Pflanzen und Zucker, das bei richtiger Diät effektiv Juckreiz und Hautkrankheiten verursacht durch kapha und pitta beseitigt.

Es ließen sich noch viele solcher Beispiele anführen, die zeigen, daß es im Ayurveda aufgrund des Wissens um die Eigenschaften und Effekte von Substanzen keine absolute Trennung zwischen Lebensmittel und Heilmittel gibt. Man könnte auch sagen, ob ein Stoff oder eine Kombination von Stoffen ein Lebensmittel oder Heilmittel ist, hängt von der Anwendung ab.

Anmerkungen

1 siehe: Attribute, Energien und Aktionen von Substanzen

2 siehe: 10 Faktoren der Bestimmung einer Therapie